Gesangsensemble CANTORIANER in der Stiftskirche Ebersdorf September 2022

 

Göttlich und geheimnisvoll“ hatten die 24 Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Martin Sturm ihr von großer Strahlkraft getragenes Konzert überschrieben, das viele für Alte Musik aufgeschlossene Zuhörerinnen und Zuhörer fand. Als ob die ausgewählten Kompositionen aus dem 15. bis 17. Jahrhundert und das stimmungsvolle Ambiente dieses 1470 weitgehend fertig gestellten Gotteshauses füreinander geschaffen wären, ergab sich eine wundervolle Einheit zwischen Hören und Sehen, die das Vokalensemble und den Besucherkreis gleichermaßen begeisterte und inspirierte. Von Beginn an ließ der relativ junge, nicht beruflich ausgerichtete Chor sowohl seine spürbare Freude am Singen erkennen, als auch seine beachtlichen Fähigkeiten an grundsätzlicher Stimmbildung und authentischer Gestaltung. Wie großartig vielfarbig die Werke ausgewählt waren, verriet schon das aufschlussreiche Programmheft mit zahlreichen Abbildungen nicht nur der Komponisten, sondern auch der ursprünglich beheimateten Räume dieser Musik. Dadurch ließen sich Feinheiten der Interpretation etwa beim Wort-Ton-Verhältnis in einem der „Psalmen Davids“ von Heinrich Schütz sowie innerhalb der Mehrchörigkeit von Giovanni Gabrielis „ O Magnum Mysterium“ leichter entdecken. Zugleich wurden aber auch die hohen Herausforderungen gerade im Proportionskanon in Josquin Després Chanson „L’homme armé“ bewusst.

 

2022 cantorianer stiftskirche

Foto: Sramek

 

Besonders geheimnisvoll und überraschend wirkte darüber hinaus ein dreifacher Brückenschlag bis in die Gegenwart, der sich unerwartet organisch in die Gesamtdarbietung einfügte: Historisch ähnlich weit vom vertrauten Repertoire des 18. und 19. Jahrhunderts entfernt, ließen die Vertonungen der verwandten und sogar gleichen religiösen Texte zwar besondere Effekte wie die musikalische Malerei des Rauches in „Stetis Angelus“ des lettischen Komponisten Rihards Dubra  sowie harmonische Finessen des Amerikaners Eric Whitacre erkennen. Aber zu vermutende Stilbrüche kamen dabei nicht zum Vorschein. Vielmehr brachten frappierende Ähnlichkeiten zwischen Alter und Neuer Musik die geistliche Nähe, ja mögliche Aktualität uralter Glaubensüberzeugungen zum Ausdruck, die Kopf und Herz gleichermaßen berühren können. (CS)